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  • Preema

Wie Kali uns Beine machte



Zappelnde Beine lassen mich nicht schlafen


Kurz nach Mitternacht in meinem Bett: Es kribbelt, zuckt und brennt unkontrolliert in meinen Beinen. Ich wälze mich von links nach rechts und wieder zurück, doch nichts vermag diese Unruhe zu stoppen. Schon vor einer Stunde habe ich es mir gemütlich gemacht unter meiner Decke. Hari, mein Mann, schläft seitdem selig, während ich halb wahnsinnig werde von den intensiven Empfindungen in meinen Extremitäten, die keinerlei Entspannung zulassen. Letzten Endes verlasse ich mein Bett und wandere bis zum frühen Morgen zwischen Wohnzimmer und Küche umher mit kleinen Pausen zum Dösen auf dem Sofa. Das Ganze geht nicht erst seit dieser Nacht so, sondern bereits seit mehreren Tagen und sogar Wochen. So langsam nagt der Schlafmangel an mir!


Diagnose Restless-Legs-Syndrom


Weil ich dringend Rat brauche, besuche ich Annette, unsere Ärztin, Freundin und Leiterin der Schule der Heilkunst, in ihrer Praxis. Sie lässt sich alle Symptome genau beschreiben, bevor sie mich medizinisch untersucht. „Restless-Legs-Syndrom“, lautet anschließend ihre Diagnose, das sogenannte Symptom der unruhigen Beine. Annette legt mir ans Herz, meine Beschwerden unbedingt beim Neurologen abklären zu lassen, damit eine passende Therapie begonnen werden kann.


Die Seele fordert Bewegung und Fortschritt


Fürs erste allerdings erklärt sie mir die Bedeutung meiner Beschwerden auf geistig-seelischer Ebene. Wenn, wie bei mir jede Nacht, die Beine im Bett rennen, dann setze der Körper bereits einen tiefen Impuls nach Bewegung und Veränderung um, während das Bewusstsein gleichzeitig den Befehl „Verweile!“ gebe und zu Nachtruhe und Entspannung auffordere. Dass diese beiden Impulse nicht übereinkommen können, leuchtet mir sofort ein! So gehe es deshalb beim Restless-Legs-Syndrom darum, in Bewegung zu kommen, sich von der Stelle zu rühren, die Beine in die Hand zu nehmen und einem inneren seelischen Impuls nach Fort-Schritt zu folgen, erklärt Annette weiter.


Aber wohin ohne konkretes Ziel?


Ob ich damit etwas anfangen könne?, fragt sie mich. Und wie! Mein Wunsch nach Veränderung ist so groß. Schon lange wünsche ich mir nicht nur eine neue Aufgabe neben meinem Hausfrau- und Mutterdasein, sondern auch ein neues Umfeld, eine Wohn- und Lebenssituation, die uns allen gut tut, zudem eine veränderte Aufgabenteilung zwischen Hari und mir. Nur hat sich trotz aller Sehnsucht bisher noch keine greifbare Lösung ergeben. In letzter Zeit gab es deshalb einige Diskussionen zwischen Hari und mir, ich empfand meinen Alltag und die Atmosphäre in Beziehung und Familie zunehmend als zermürbend. Ich wäre sicher gerne woanders. Wo aber wollen meine Beine denn hin?


Eine Reise fühlt sich gut an!

Es gehe gar nicht um eine komplette Lösung, sondern erstmal nur darum, das gewohnte Feld zu verlassen, einfach dem Impuls der Seele nach Veränderung zu folgen, hilft mir Annette auf die Sprünge. Ja, das ist es!, kommt mir eine Idee. Ich könnte doch mit den beiden Mädchen eine kleine Reise machen, bevor wir uns wie geplant, alle an der Ostsee einfinden zu unserem gebuchten Sommerurlaub auf dem Bauernhof. Da Hari Urlaub hat, könnte er mit den beiden Jungs etwas unternehmen. Gegen diese Idee spricht allerdings unsere Vereinbarung, unsere Finanzen beieinanderzuhalten, nachdem wir an Ostern bereits eine große Reise als Familie unternommen haben. Dennoch fühlt sich die Vorstellung, alles hinter mir zu lassen, so unverschämt gut an.


Freude und neue Ausrichtung, wo vorher viel Wut war


Zu Hause buche ich uns eine schöne Unterkunft in Brandenburg, direkt an einem See. Dort wollte ich schon immer mal hin, aber mit Hari, der lieber in den hohen Norden fährt, ergab sich dieses Ziel einfach nicht für uns.Ein bisschen mulmig ist mir schon! Wegen des Geldes, das wir für den Zusatzurlaub brauchen, aber auch deshalb, weil ich noch nie alleine zu eigenen Zielen unterwegs war. Ich habe alles Neue immer gemeinsam mit Freundinnen oder meiner Familie entdeckt. Das war auch schön, aber jetzt braucht es eine eigene Erfahrung. Die kleine Reise erscheint mir bereits jetzt wie ein Abenteuer.

Während ich mir im Internet Bilder von der schönen Landschaft Brandenburgs betrachte und mich über Ausflugsziele informiere, erinnere ich mich daran, wie viel Wut in letzter Zeit in mir war und wie sie sich in unzähligen Diskussionen mit Hari Luft verschaffte. Je mehr er sich meinen Wünschen und Visionen gegenüber versperrte, um so heftiger brach die Aggression aus mir hervor. Ich spürte sie als unbändige Kraft, derer ich kaum Herr werden konnte, weil ich mich so sehr gebremst fühlte.


Mit der Entschlossenheit kommt der Mut


Jetzt, wo Klarheit und Entschlossenheit da sind, verblassen meine negativen Gefühle Hari und meiner Situation gegenüber. Stattdessen erwacht, trotz aller Ängste um Finanzen und Machbarkeit, der Mut in mir, meinen eigenen Weg zu gehen, um Freude zu finden und wahres Glück, tiefe Zufriedenheit. Es ist diese Kraft der Kali, die ich in in mir fühle, die Schluss macht mit Gedanken oder Lebensmodellen, die uns nicht mehr dienen. Endlich Schluss mit all diesen inneren und äußeren Kämpfen, die mich nach und nach zermürbt haben. Erstmals seit Wochen schlafe ich an diesem Abend völlig entspannt ein!


Die Restlegs-Legs entspannen sich


Und so bleibt es auch auf unserer Mädchen-Reise. Während unserer vier Tage sehe ich mir mit den Mädels Brandenburg, Potsdam und die Havelauen an, wir baden in klaren Seen und lassen uns durch die Tage treiben, wie es uns gefällt. Erfüllt und glücklich sinke ich jeden Abend mit den Kindern in die Federn und schlafe ohne zappelnde Beine ruhig bis zum nächsten Morgen. Und das ist seitdem auch so geblieben.

Indessen macht sich auch Hari, trotz aller vernünftigen Argumente bezüglich unserer Ausgaben, mit den beiden Jungs auf den Weg zu einer eigenen Reise ganz nach seinem Geschmack. Und siehe da: Auf ihrem Weg Richtung Ostseeküste besuchen sie uns kurz in Brandenburg, dort, wo Hari eigentlich nie hinwollte! Und die Natur dort, die an die Seenlandschaft in Schweden erinnert, gefällt ihm gut!


Noch Fragen?


Eine letzte Prise Kali lieferte uns schließlich Jakob, unser achtjähriger Sohn, kurz vor unseren speziellen Reisen. Innerhalb von Sekunden forderte er uns auf, in unsere Aufrichtigkeit uns selbst und unseren Zielen und Wünschen gegenüber zu wachsen. Während Hari und ich noch mit unseren eigenen Sorgen um unsere Finanzen zu hatten und auch damit, wie wir diese neuerlichen Eskapaden unseren stets sparsamen und fleißigen Eltern am Schonendsten nahebringen könnten, machte Jakob Schluss mit allen Illusionen und Grübeleien. „Ich denke, wir müssen reich sein!“, sagte er vor versammelter Familie an der Kaffeetafel anlässlich der Geburtstage unserer beiden mittleren Kinder. „Woher sonst soll all das Geld kommen, das wir für die vielen Reisen brauchen?“.


Preema


Bild: Johanna Luft

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